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Differenz und Digitalisierung – eine Analyse gesellschaftlicher Erwartungen an die Gestaltung von Hochschullehre

In den letzten Jahren mehren sich die politischen Forderungen an die Hochschulen nach einer stärkeren Unterstützung einer angenommenen heterogener werdenden Studierendenschaft z.B. beim Zugang zur Hochschule, der Studienorganisation und-beratung aber auch in der Lehre. Diese zunehmende Bedeutung der Lehre wurde in Deutschland zum Beispiel deutlich im Rahmen von Projekten des Qualitätspakts Lehre und der Institutionalisierung des Nachfolgeprogramms ‚Innovation in der Hochschullehre‘. Gleichzeitig werden zunehmend auch durch technologische Fortschritte Digitalisierungsstrategien von den Hochschulen gefordert, als ein Weg zukunfts- und wettbewerbsfähig zu bleiben. Digitalisierung wird dabei als Querschnittsaufgabe für die Hochschulen verstanden, mit Fokus auf Verwaltung, Forschung aber auch Lehre.Vor diesem Hintergrund untersucht dieser Beitrag, welche Erwartungsstrukturen zur Optimierung der Hochschullehre in Hinblick auf eine heterogene Studierendenschaft im Medien- sowie im Professionsdiskurs Hochschullehrender in den Jahren 2010 bis 2018 sichtbar werden und welche Rolle digitale Lehrformate in diesem Zusammenhang spielen.

Gemäß organisationssoziologischer Annahmen sind Hochschulen verschiedenen Umwelterwartungen ausgesetzt, auf die sie reagieren, um ihre Legitimität zu erhalten (Meyer/Rowan, 1977). So werden z.B. in Diskursen institutionalisierte Erwartungsstrukturen in Form von Normen, Werten, Ideen und Selbstverständlichkeiten konstruiert und sind dann handlungsleitend für hochschulische Akteure. Die (Print-)Medienöffentlichkeit aber auch der Professionsdiskurs kann dann als ein Spiegel der Umwelterwartungen gelten und sind gleichzeitig auch Orte an dem durch diskursive Praktiken die gesellschaftliche Wirklichkeit konstruiert wird. Folgende Fragen stellen sich: Inwiefern soll Lehre differenzsensibel ausgestaltet werden und in Bezug auf welche Differenzkategorien? Werden z.B. internationale Studierende, Menschen mit Beeinträchtigungen oder Berufstätige als legitime Studierendengruppe konstruiert, die durch differenzsensible Lehre unterstützt werden sollten? Welche Praktiken werden allgemein als geeignet konstruiert und welche Rolle werden insbesondere digitalen Technologien in diesem Zusammenhang zugeschrieben? Inwiefern unterscheiden sich Medien- und Professionsdiskurse?

Die Untersuchung erfolgt mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Gläser/Laudel (2006). Für den Zeitraum von 2010 bis 2018 werden für den Printmediendiskurs die Süddeutsche Zeitung, und Die ZEIT und für den Professionsdiskurs die vom deutschen Hochschulverband herausgegebene Zeitschrift „Forschung & Lehre“ analysiert.

Erste Ergebnisse zeigen, dass es allgemein weniger die klassischen sozialen Strukturkategorien wie Gender, soziale Herkunft oder Beeinträchtigungen sind, die in den pädagogischen Praktiken Lehrender Berücksichtigung finden sollen. Im Vordergrund stehen vielmehr die Differenzen Studierender in Hinblick auf individualisierbare Eigenschaften, Kompetenzen oder Studienpraktiken. Auch wenn nicht wenige dieser individualisierten Differenzen über soziale Strukturkategorien vermittelt werden, bleibt dieser Zusammenhang vielfach unberücksichtigt. Im Kontext von Digitalisierung der Lehre rücken dagegen Strukturkategorien wie Behinderung, Berufstätigkeit, Studierende mit Pflegeaufgaben wieder stärker in den Fokus. So wird Digitalisierung oft als Möglichkeit der Flexibilisierung und Individualisierung von Lehre gesehen, die besonders jenen Gruppen das Studieren erleichtert.

  • Gläser, J. & Laudel, G. (2006). Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse: als Instrumente rekonstruierender Untersuchungen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Meyer, J. W., & Rowan, B. (1977). Institutionalized Organizations: Formal Structure as Myth and Ceremony The American Journal of Sociology, 83(2), 340-363.

Themenbereiche

  • Makroebene

Autoren

  • N. Bernhard

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  • T1 Vorträge 1 (10∶15 11∶30)

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Sehr geehrter Herr Prof. Bernhard, spannende Untersuchung. Wie lange ist Ihr Auswertezeitraum angedacht – und wo kann man die Ergebnisse dann nachlesen ? Wäre es nicht auch interessant, Ihre Ergebnisse dann mit realen Hochschulentwicklungen zu vergleichen ? A. Neudecker

Vielen Dank für die Nachfrage. Der Zeitraum beginnt 2010 , also ein Jahr vor dem Begin des Qualitätspakt Lehre, und geht bis 2019. Und ja, die Ergebnisse werde ich auf jeden Fall vergleichen mit den Debatten und Entwicklungen zur Zeit. Veröffentlicht ist der Beitrag noch nicht, aber ich arbeite daran. Nadine Bernhard

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