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Hochschullehre mit gesellschaftlicher Verantwortung: Engagementförderung durch künstlerisch-kreative Formate im Studium Generale

Kritische Selbstreflexion und Diskursfähigkeit sind grundlegende Voraussetzungen, um eine demokratische Gesellschaft mitzugestalten – und zentrale Vermittlungsziele einer Hochschullehre, die den ganzheitlichen Anspruch verfolgt, fachliches Lernen mit beruflicher Orientierung und Persönlichkeitsbildung zu verbinden, wie u.a. vom Wissenschaftsrat (Wissenschaftsrat 2015:7) empfohlen. Mit dem Lehrprojekt „Poetry Slam gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ sollte ziviles Engagement durch Performanz gefördert werden. In Blockseminaren wurden Hintergrundwissen vermittelt, rassismuskritisches Denken sowie Argumentationsfähigkeit geschult. Parallel besuchten die Teilnehmer*innen, Studierende aller Fakultäten, eine Schreib- und Performance-Werkstatt, verfassten eigene poetische Texte und trugen diese zum Semesterende öffentlich vor. In dem Vortrag wird das hochschuldidaktische Konzept des curricular im Studium Generale verankerten Lehrprojekts präsentiert, um anschließend die Potenziale und Grenzen des performativen Ansatzes im Kontext einer „Engagementförderung durch universitäre Lehre“ (Struß/Springer 2018) zu erörtern. Dabei wird vor allem auf seine produktive Funktion als komplementäre Ergänzung zum Service Learning-Ansatz eingegangen.

Performative Lehr-/Lernformen unterstützen nicht nur die Verankerung von Lerninhalten, sondern haben zudem eine „potentiell verhaltens- und einstellungsverändernde[] Dimension“ (Jogschies et al. 2018: 47f). Das künstlerisch-kreative Format ermöglichte einen umfassenderen Einblick in den Lern- und Reflexionsprozess der Teilnehmenden. Gegenüber der herkömmlichen Studierendenbefragung und teilnehmender Beobachtung in Seminaren lieferten die künstlerische Textproduktion und Performance aufschlussreiche Daten. Lernschritte und -ergebnisse ließen sich in der Slam Poetry manifestiert nachvollziehen. Ausschlaggebend hierfür war u.a. die im Gruppenkonsens getroffene Entscheidung für Authentizität qua Subjektivität (vgl. Novak 2017: 158ff) der in den Texten verarbeiteten Erfahrungen der Teilnehmenden und die Entsprechung von textimmanentem und vortragendem Ich. Anhand der Beobachtungsprotokolle, schriftlicher Interviews und der poetischen Texte werden drei Ebenen von Kompetenzentwicklung aufgezeigt, die die Studierenden in einem zirkulierenden Prozess wiederholt durchlaufen haben: (1) Sensibilisierung und Selbstreflexion, (2) Empowerment, (3) Aktivierung und Mobilisierung.

Ein konkretes Ergebnis dieses Prozesses stellen die lebensweltnahen Handlungsstrategien dar, die die Studierenden für den Umgang mit Rassismus und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entwickelt haben. Für die Beurteilung des performativen Ansatzes als Komplement zu Service Learning sollten weiter die Reichweite und Wirksamkeit untersucht werden, die das Lehrprojekt potenziell über die Gruppe der Studierenden hinaus hatte. Hierfür wurden, auf Basis der Poetry Slam-Texte und Interviews, angelehnt an Granovetters Theorie der sozialen Netzwerke (Granovetter 1973), soziale Interaktionen der Teilnehmenden im Semester kategorisiert. An diese Erkenntnisse anknüpfend, kann das Untersuchungsdesign für die nächste Kohorte angepasst und der Transfer des Lehrkonzepts auf weitere thematische Felder der Engagementförderung vorbereitet werden.

  • Granovetter, Mark S. (1973): The Strength of Weak ties. In: American Journal of Sociology. The University of Chicago Press (78/6).
  • Jogschies, Bärbel; Manfred Schewe; Anke Stöver-Blahak (2018): Empfehlungen zur Förderung einer performativen Lehr-, Lern- und Forschungskultur an Hochschule. In: Scenario. Journal for Performative Teaching, Learning, Research (2018/2).
  • Novak, Julia (2017): Live-Lyrik. Körperbedeutung und Performativität in Lyrik-Performances. In: Bers, Anna; Peer Trilcke (Hrsg.): Phänomene des Performativen in der Lyrik. Systematische Entwürfe und historische Fallbeispiele. Göttingen: Wallstein.
  • Springer, Cornelia; Bernd Struß (2018): Engagementförderung durch universitäre Lehre. Ein Modell für Kooperation und Wissenstransfer zwischen Universität und Zivilgesellschaft. In: Beiträge des Instituts für Engagementförderung (6/2018). Wissenschaftsrat (2015): Empfehlungen zum Verhältnis von Hochschulbildung und Arbeitsmarkt – Zweiter Teil der Empfehlungen zur Qualifizierung von Fachkräften vor dem Hintergrund des demographischen Wandels (Drs. 4925-15).

Themenbereiche

  • Engagementförderung
  • Performativer Ansatz
  • Persönlichkeitsbildung
  • Poetry Slam
  • Third Mission

Autoren

  • C. Springer

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Slot

  • T1 Posterrunde I B (12∶00 12∶45)

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